Segeltörn Flevoland im September 2020

Sonne , Flaute, Wind, Risikogebiete, Crime und Drama

Im Frühjahr, als wegen Corona gar nichts mehr ging, kam angesichts eines günstigen Charterangebots die Idee auf, unseren Hollandtörn von vor 14 Jahren in gleicher Besetzung noch einmal durchzuführen. Eine Terminabfrage bei den Beteiligten ergab, dass in der dritten Septemberwoche ein gemeinsamer Slot für einen entsprechenden Törn frei war. Einzig Daddy konnte wegen Hochzeit seiner Tochter erst einen Tag später anreisen.

Kurz vor Beginn der Reise stellte sich dann heraus, dass der damalige Törn nicht genau wiederholbar sein würde. Nordholland und Südholland wurden zu Corona-Risikogebieten erklärt und waren damit tabu. Medenblik, Den Oever und Texel, die wir damals angelaufen haben konnten wir also diesmal nicht besuchen. Wir wollten aber dennoch gerne in die Wattensee und deshalb schwebte uns Vlieland als nördliches Ziel vor.

So reisten Frank und Franz Werner und ich am 19.09 nach Lelystad um unsere Charteryacht eine Bavaria Cruiser 33 in Empfang zu nehmen. Ein Testschlag am darauf folgenden Sonntagmorgen sorgte etwas für Ernüchterung. Kein Vergleich in den Segeleigenschaften zu unserer Charteryacht vor 14 Jahren, einer Dehler 33 Performance. Dafür hatte sie immerhin Heizung, Backofen, Bugstrahlruder und am Heck eine ausklappbare Badeplattform. Man wird halt älter.

Um dennoch auch etwas Segelspaß zu haben, haben wir zusätzlich einen Gennaker gebucht. Um 11 Uhr morgens hatten wir uns dann mit Daddy verabredet und nahmen ihn mit an Bord um unsere erste Tour Richtung Stavoren zu starten. Bei herrlichem Wetter mit zwei bis vier Windstärken aus Ost war es ein toller erster Segeltag auf dem Ijsselmeer.

Ein Blick auf den Wetterbericht für die nächste Woche zeigte, dass das schöne Wetter nur noch zwei Tage anhalten sollte und danach der Wind aus Süd bis Südwest mit Sturmstärke drehen sollte. Dazu zusätzlich einsetzender Dauerregen. Wir entschlossen uns daher die Planung zu ändern und stattdessen schon die nächsten zwei Tage zu nutzen um möglichst weit nach Süden zu kommen. Dann könnten wir in den letzten Tagen den starken Wind aus achterlichen Richtungen abwettern.

Also ging es wieder zurück Richtung Süden. Eine Halbumrundung von Flevoland war das Ziel mit Harderwijk als südlichstem Punkt. Der Tag begann zunächst mit sehr leichtem Wind und anschließender Flaute, sodass wir  den zunächst gesetzten Gennaker einholen und auf Motorbetrieb umsteigen mussten. Als nachmittags wieder etwas Wind aufkam, haben wir den Gennaker erneut gesetzt und sind mit drei bis vier Knoten in Richtung Brücke Ketelbrug zum Eingang Ketelmeer gefahren. Leider haben wir dann festgestellt, dass diese schon um 16 Uhr Betriebsschluss hat. Wir sind dann wieder ein Stück nach Nordosten Richtung Urk gesegelt und haben dort  im Stadthafen nocheinen Platz in der Ecke gefunden.

Am nächsten Tag war dann trotz gut getimter Anfahrt wieder an der Brücke Warten angesagt, da wegen Nebel ein Öffnen der Brücke nicht möglich war. Nach einer Stunde Wartezeit lichtete sich der Nebel und wir konnten wieder unter Gennaker das Ketelmeer durchsegeln. Leider ließ auch hier der Wind nach der Abbiegung Richtung Harderwijk im engen Kanal nach und wir mussten wieder auf Motorfahrt umsteigen. Abgesehen vom Wind war das Wetter aber nach wie vor bestens und wir gingen in einem Seitenarm vor Anker um die Badeplattform zu testen. Wann kann man Ende September in Holland noch baden gehen? Die Wassertemperatur war noch akzeptabel. Ca. gefühlte 18 Grad.

Anschließend wurde Franz Werner als Smutje aktiv und wir haben das Abendessen bei schönem Sonnenuntergang schon einmal vorgezogen.

Abends haben wir dann die idyllische Altstadt von Elburg für etwas Sightseeing und einen Absacker besucht. Da wir etwas außerhalb angelegt hatten, war es leider ein langer Weg durch ein weniger idyllisches Industriegebiet mit einigen Verlaufern.

Am nächsten Morgen war dann wieder Warten vor der Brücke Elburg angesagt, da diese wegen einer großen Baustelle nur sehr reduzierte Öffnungszeiten hatte und erst um 12 Uhr öffnete. Zwischenzeitlich hatte der Wind tatsächlich auf Südsüdwest gedreht und auf ca, 4 Windstärken aufgefrischt. Trotz der ungünstigen Richtung, der Wind stand im engen Fahrwasser fast genau gegenan, sind wir dann den Weg bis Harderwijk unter Segeln gekreuzt und haben den Motor nach Passieren der Brücke abgeschaltet. Dies war nur möglich, da wenig Verkehr war.  Es waren zahlreiche Wenden und eine genaue Kontrolle von Position und Wassertiefe notwendig. Dabei fiel auf, dass zwischen den Tiefenangaben in der Boating App auf meinem Smartphone und den Tiefenangaben der älteren Karte am Kartenplotter des Schiffes teilweise deutliche Differenzen vorlagen. Die Wassertiefen scheinen sich bei dem schlammigen Untergrund ständig zu verändern und während der Fahrt  konnten wir zahlreiche Bagger im Wasser beobachteten, die versuchten die Fahrrinne freizuhalten.

Kurz vor Harderwijk kamen wir dann noch in den Genuss einer Autobahnüberquerung. Hier gibt es tatsächlich ein Viadukt welches eine niederländische Autobahn überquert.

Um diesmal keine weiten Wege zu haben sind wir mit dem Schiff vorbei an den äußeren Sportboothäfen bis in den Gemeindehafen von Harderwijk gefahren um die Altstadt diesmal ohne große Fußwege erreichen zu können. Das Restaurant Olympia welches wir abends besuchten, lag sogar direkt vor dem Liegeplatz unseres Schiffes.

Am nächsten Morgen dann des Dramas erster Teil. Franz-Werner bemerkte, dass der Kartenplotter aus dem Cockpit demontiert worden war. Da hatte doch tatsächlich jemand, wahrscheinlich über Nacht, unser Schiff besucht und den Kartenplotter gestohlen. Was folgte, war ein Anruf beim Vercharterer und ein anschließender Gang zur Polizei um Anzeige zu erstatten. Bei der Polizei war man sehr freundlich und die jeweiligen Englischkenntnisse in etwa auf Augenhöhe, sodass es gelang das Protokoll auch ohne den eigentlich vorgeschriebenen Dolmetscher zu vervollständigen.

Danach war es aber zu spät um die Brücke Elburg wieder in der Mittagspause zu passieren. Deshalb war an diesem Tag nur eine kurze Tour zurück nach Elburg möglich. Den Kartenplotter haben wir dann durch mein Smartphone ersetzt.

Am nächsten Tag, dem letzten geplanten Segeltag unserer Reise, wollten wir es dann aber noch einmal wissen und haben trotz frischem Wind den Gennaker angeschlagen. Als dann aber auf dem ersten etwas freien Stück der Windmesser 25 Knoten Wind anzeigte, haben wir doch erstmal auf einen Einsatz verzichtet.

Vor der ersten Schleuse begann dann des Dramas zweiter Teil. Beim Bergen des Großsegels ließ sich der Motor zwar im Leerlauf starten, beim Einlegen eines Ganges ging er aber sofort wieder aus. Die Gennakershot war über Bord gegangen und hatte sich in der Schraube verfangen. Dass war in dem Augenblick wirklich dramatisch, da wir das Großsegel schon geborgen hatten und mit ca. 5 bis 6 Windstärken in Richtung Schleuse gedrückt wurden. Zum Glück gelang ein Anlegemanöver ohne Motor und Segel an einem davor gelegenen Wartesteg.

Nun war guter Rat teuer. Die Gennakershot hing unter Wasser fest und war nicht mehr zu bewegen. Es gab also nur zwei Möglichkeiten, entweder einen Taucher ordern oder selbst versuchen die Sache so weit wie möglich zu klarieren.

Im Gegensatz zum Badewetter vom Dienstag war es aber mit ca. 10 Grad und frischem Wind deutlich ungemütlicher. Nichts, aber auch gar nichts, lud zu einem Bade ein. Da es unserer letzter Segeltag war und und der Steg vom Land aus gar nicht zugänglich war, haben wir es trotzdem zunächst einmal selbst versucht.

Mit ca. 10 Tauchgängen verteilt über einen Zeitraum von zwei Stunden ist es uns dann tatsächlich gelungen die Schraube freizuschneiden. Es blieb nicht viel Zeit zum Aufwärmen da die Brücke Ketelbrug ihren Betrieb ja wieder um 16 Uhr einstellte. Wir haben es dann trotzdem unter Segeln versucht, zwar ohne Gennaker, aber ansonsten unter voller Besegelung bei bis zu 27 Knoten Wind und konnten die Brücke zum Ijsselmeer um 15 Uhr 20 Uhr erreichen. Diesmal gab es weder Nebel noch Baustelle und die Brücke wurde tatsächlich nur für uns just-in-time geöffnet. Zum Schluss gab es dann noch einen Anlieger Richtung Lelystad bei weiter auffrischendem Wind, von dem ich aber wegen einer beruflichen Videokonferenz im Salon nicht viel mitbekommen habe.

Um 18 Uhr waren wir dann wieder zurück an unserem Ausgangshafen in Lelystad. Pünktlich zum Anlegen setzte dann der erste Regen ein. Wir haben noch am selben Abend ausgecheckt und waren gegen Mitternacht wieder zu Hause in Benn bzw. Heinsberg.

Text: Thomas, Bilder: Daddy, Frank, Franz-Werner, Thomas

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